D a s   L i b e r a l e   T a g e b u c h

Sammlung Originaldokumente aus „Das Liberale Tagebuch“, http://www.dr-trier.de

 

 

 

Es wurde auf dem 65. Parteitag am 10./11.05.2014der FDP beschlossen

 

flexibles Renteneintrittsalter,

um Individualität und Eigenverantwortung zu stärken:



„Den deutschen Einheitsrentner gibt es ebenso wenig wie den deutschen Einheitsbürger. Daher sind starre Regelungen fehl am Platze. Das derzeitige, starre Renteneintrittsalter wird den Menschen und der Individualität ihrer Erwerbsbiographien nicht mehr gerecht. Die Lebenserwartung nimmt zu, viele Menschen bleiben länger fit und aktiv. Dadurch wächst auch der Wunsch nach Betätigung im Alter. In den vergangenen fünf Jahren hat sich die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei den 60-65jährigen um rund 80 Prozent gesteigert. Erstmals seit fast 40 Jahren gab es in dieser Altersgruppe zuletzt auch wieder mehr Erwerbstätige als Rentner. Das zeigt auch: Neben einem früheren Renteneintritt muss auch die Möglichkeit geschaffen werden, länger zu arbeiten oder eine Teil-Rente mit Teilzeitarbeit zu kombinieren.

 

Zeitgemäß und innovativ ist daher ein Modell des flexiblen Renteneintritts nach schwedischem Vorbild. Unser Konzept für einen flexiblen Renteneintritt sieht vor, dass alle Versicherten ab dem 60. Lebensjahr frei entscheiden dürfen, wann und wie sie in Rente gehen. Die Erfüllung einer bestimmten Anzahl von Beitragsjahren – wie bei der „Rente mit 63“ – ist nicht erforderlich. Dies ist auch gar nicht sachgerecht. Denn es ist nicht einzusehen, warum ausgerechnet mit 45 Beitragsjahren im Büro ein vorzeitiger Renteneintritt winkt, mit 44,5 Jahren

harter, körperlicher Arbeit aber nicht. Voraussetzung für einen Renteneintritt schon ab 60 soll nach unserer Vorstellung nur sein, dass das Einkommen aus gesetzlicher Rente sowie betrieblicher und privater Altersvorsorge oberhalb des Grundsicherungsniveaus liegt.

 

Ab dem 60. Lebensjahr entsteht dadurch ein Korridor, in dem der Zeitpunkt des Renteneintritts frei gewählt werden kann. Wer in diesem früher in Rente geht, erhält eine geringere Rente, wer später geht, eine höhere Rente. Die Ausgangshöhe der Rente wird anhand der durchschnittlichen Lebenserwartung der jeweiligen Generation berechnet und kann sich über die Jahre verändern. Dieser jahrgangsindividuelle Faktor sorgt für eine solide Finanzierung und einen fairen Ausgleich zwischen den Generationen. Damit trägt jede Generation ihre eigenen Kosten und bürdet sie nicht den nachfolgenden Generationen auf.

 

Wenn Erwerbstätige zukünftig die Gewissheit haben, jederzeit selbst entscheiden zu können, wann und wie sie ihre Arbeit zurückfahren oder einstellen können, wird sich ein größerer Teil von ihnen für ein längeres Erwerbsleben entscheiden, als dies heute der Fall ist. Das schwedische Beispiel bestätigt dies eindrucksvoll: Trotz – oder gerade wegen – der Möglichkeit eines flexiblen Renteneintritts ab dem 61. Lebensjahr hat Schweden das höchste faktische Durchschnittsrenteneintrittsalter in ganz Europa. Die Schweden gehen mehr als zwei Jahre später als die Deutschen in den Ruhestand.

 

Um denjenigen, die im Alter arbeiten können und wollen, so viele Freiräume wie möglich zu schaffen, müssen darüber hinaus bestehende Barrieren für Arbeit beseitigt werden. Die derzeit geltenden Grenzen für einen Hinzuverdienst neben dem Rentenbezug sind vollkommen unattraktiv. Wer heute eine vorgezogene Rente bezieht, darf nur bis zu 450 Euro hinzuverdienen. Wird die Grenze überschritten, wird automatisch die Rente gekürzt. Damit werden Renterinnen und Rentner oft ungewollt auf die Ausübung eines Minijobs begrenzt. Die freie Kombination von Teilrente und Teilzeitarbeit ist nach geltendem Recht kaum möglich. Die Regelungen sind intransparent, in Ost und West teilweise unterschiedlich hoch, ändern sich jährlich und engen so die Aktivitäten Älterer unnötig auf ein bloßes Taschengeld neben der Rente ein. Dabei bietet der Bezug z.B. einer halben Rente bei Reduzierung der Arbeitszeit auf eine halbe Stelle Möglichkeiten für einen gleitenden Übergang in den Ruhestand, wie ihn sich viele Ältere und auch immer mehr Unternehmen und Gewerkschaften gut vorstellen können.

 

Deshalb wollen wir die Hinzuverdienstgrenzen neben dem Rentenbezug komplettaufheben. Auf den Zuverdienst neben dem Rentenbezug werden dann weiterhin von Arbeitnehmern und Arbeitgebern Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung gezahlt, für die auch weiter Entgeltpunkte und damit Rentensteigerungen erworben werden. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung kann hingegen entfallen. Versicherte können so ab dem 60. Lebensjahr ihre Arbeitszeit reduzieren und den Verdienstausfall durch Bezug einer Teilrente teilweise kompensieren, oder – wenn sie möchten – länger arbeiten. 2